Vom Geheimgang zum Fluchtweg

 

Wenn feindliche Truppen mal wieder eine Burg belagerten und deren Bewohner wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten waren, so hatten angeblich viele Burgen einen eleganten Ausgang – den geheimen Fluchttunnel, durch den man aber nicht nur vor dem Feinde fliehen konnte, sondern ihm auf diesem Weg auch in den Rücken fallen und bekämpfen konnte.

 

Bei diesen Geheimgängen handelte es sich meist um unterirdische Tunnel, die je nach der Beschaffenheit der Umgebung und des Untergrunds, entweder aus dem Fels gearbeitet waren, in ausgemauerter Form bestanden oder auch als natürliche Höhle schon vorhanden waren. Besonders während des Mittelalters wurden diese verborgenen Gänge und Tunnel angelegt, um eine Fluchtmöglichkeit aus einer Befestigungsanlage oder auch einen Zugang zu einem Zufluchtsort oder einem Versteck gewährten.

 

Da aber die Mittel und Werkzeuge, die im Mittelalter zur Verfügung standen, im Vergleich zur heutigen Technik bescheiden waren, gestalteten sich solche Bauvorhaben als langwierig und schwierig. Deshalb gibt es nur wenige aus dem Fels gehauene Gänge und in Deutschland sind etwa ein Dutzend dieser Geheimgänge bekannt. Diese sind immer so kurz wie möglich gehalten und führten meist direkt hinter die Außenmauer der Burganlage an einer durch Angreifer nicht einsehbaren Stelle ins Freie.

 

Beispiele für lange Geheimtunnel, die womöglich sogar noch Flüsse unterquerten, gibt es bis heute keine. Die Geschichten darüber entstammen alle der Fantasie von Autoren und Erzählern von Geschichten aus der Zeit der Burgenromantik, denn rätselhafte und geheimnisvolle Begebenheiten haben zu allen Zeiten die Fantasie der Bevölkerung angeregt.

 

Viel Mystisches wurde somit mündlich überliefert, jeder Erzähler hat noch einen kleinen Teil dazu erfunden und später wurde es durch Autoren niedergeschrieben. So enstand so manch spannende Gruselgeschichte, die jedoch jeder Grundlage entbehrt.

 

Der Geheimgang der Engelsburg

Der wohl berühmteste Geheimgang der Welt ist sicherlich der "Passetto di Borgo" in Rom. Es ist ein etwa 800 Meter langer, mittelalterlicher Fluchtweg, der vom Vatikan zur Engelsburg führt, erbaut im Jahre 1277 von Papst Nikolaus III. Nach außen erscheint dieses Bauwerk als eine gewöhnliche Mauer und im Inneren verbirgt sich der geheime Gang. So konnten sich die Päpste innerhalb kürzester Zeit in Sicherheit bringen.

 

Dies war 1527 während der Plünderung Roms (Sacco di Roma) durch Truppen Kaisers Karl V. notwendig, als sich Papst Clemens VII. in der Engelsburg verschanzte. Auch beim Einzug Napoleons in Rom flüchtete der amtierende Papst Pius VII. durch den Passetto di Borgo und versteckte sich in der schwer einnehmbaren Engelsburg.

 

Passetto di Borgo

Passetto di Borgo – © Carlomorino

 

Fluchttunnel während der deutschen Teilung

"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Wir alle erinnern uns noch an den Satz Walter Ulbrichts zwei Monate vor dem Beginn des Baus der Berliner Mauer, die mit der Abriegelung von Straßen und Gleiswegen nach West-Berlin durch Angehörige der NVA, Deutschen Grenzpolizei und der Schutz- und Kasernierten Volkspolizei sowie Kampfgruppen der Arbeiterklasse der DDR am 13. August 1961 begann. Sie stand mehr als 28 Jahre bis zum 9. November 1989. Etwa 39 Fluchttunnel wurden in Berlin während der deutschen Teilung von beiden Richtungen unter der Grenze hindurch gegraben. Dabei gab es neun Tunnel aus Richtung Osten und 30 aus Richtung Westen. Mindestens 254 Menschen konnten durch diese Tunnel aus der DDR fliehen. Es kam zu mindestens vier Todesfällen und über 200 Personen wurden verhaftet.

 

Fluchtwege in der Moderne

So boten also Fluchttunnel und Geheimgänge vom Mittelalter bis zur Neuzeit den Menschen die Möglichkeit sich vor Gefahren wie Gewalt durch feindliche Truppen, Gefangennahme oder politische Unterdrückung zu entziehen. Heute fliehen Menschen zwar auch immer noch vor Kriegen, Gewalt, Unterdrückung und neu dazugekommener wirtschaftlicher Not, aber in zivilisierten Ländern sucht der Mensch meist vor Unglücken, Brand- oder Naturkatastrophen sein Heil in der Flucht. Auch wo viele Menschen zusammenkommen, wie z.B. Open-Air-Veranstaltungen, werden zusätzliche Fluchtwege nötig, wenn die bestehenden nicht mehr ausreichen. Besonders für die Planung und den Bau von Fluchttreppen ziehen Bauherren deshalb am besten Profis zu Rate. Auch der Fluchtweg Bühne wird von den Spezialisten sicher ausgeführt, wobei besonders die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften konsequent zu beachten ist.

 

14. Juli 2016     >> Zurück zum Archiv

 

Fluchttreppe

Fluchttreppe – Pixabay - Public Domain Bilder / Creative Commons CC0 (CC0 1.0)