Hostel statt Hotel: München preiswert erleben

Eine günstige Alternative am Beispiel der Metropole Bayerns

Hostel

Hostels liegen besonders unter jüngeren Kosmopoliten im Trend. Dabei hat die klassische Jugendherberge mit Mehrbettzimmern, Gemeinschaftstoiletten auf dem Flur und Küchendienstdrill längst ausgedient. Schicke Hostels mit freundlichem Empfangspersonal, hohem Einrichtungsstandard und moderner Infrastruktur werben um die Publikumsgunst besonders preisbewusster Backpacker, die auf den Besuch von touristischen Hotspots trotz schmalem Geldbeutel nicht verzichten möchten.

 

Zentrale Lage

Die Studentenherberge von heute spricht gerade abenteuerlustige, kulturell interessierte Weltenbummler aus aller Welt an, die oftmals ihren ganzen Sommerurlaub bzw. ihre Semesterferien in Hostels verbringen. Zielgruppe eines Hostels modernen Zuschnitts ist vor allem ein junges, konventionsmüdes Publikum weltweit, auch in Deutschland ist die moderne Studentenherberge die erste Wahl, wenn es darum geht, Deutschlands Metropolen wie beispielsweise Berlin oder München zu erkunden. Im untersten Preissegment angesiedelt, bietet eine Studentenherberge auch meist die einzige Möglichkeit für junge Studenten, eine Schlafstätte für die Nacht bezahlen zu können.

Dabei lässt die Umsatzentwicklung einen klaren Trend erkennen: Einer Studie zufolge stieg die Bettenanzahl der Hostels in Berlin von 20 (1994) über 4500 (2001) auf knapp 10.000 Betten allein in der Hauptstadt an. In München wuchs die Anzahl der Hostelbetriebe im Zeitraum von 2006 bis 2011 von sechs auf 13.

Vor allem innerstädtische Areale von Metropolen wie München stehen im Fokus der Expansionspläne der Hostelbetreiber. Zentrumsnähe ist und bleibt ein Hauptmerkmal der modernen Hostel-Einrichtungen. Viele Anbieter werben gerade mit ihrer zentralen Lage um die Gunst jüngerer Rucksacktouristen, die in möglichst kurzer Zeit möglichst viel touristisch Bedeutsames und Erlebenswertes abhaken wollen.

 

So betreibt die große europäische Hostelkette A&O Hostels allein drei Einrichtungen in München, die allesamt im innerstädtischen Gürtel, teilweise im Stadtzentrum selbst gelegen sind (Hauptbahnhof, Hackerbrücke, München-Laim). Eine zentrale Lage schaffe einen idealen Ausgangspunkt zur Erkundung zentrumsnaher Highlights wie Viktualienmarkt, Englischer Garten oder Hofbräuhaus, heißt es beim Anbieter.

Im Übrigen korreliert dieser Trend auch mit einer allgemeinen touristischen Entwicklung in Deutschland, den Urlaub im eigenen Land zu verbringen. Statistiken zu den Übernachtungszahlen der vergangenen Jahre belegen das.

Doch wie kam es zu dieser Entwicklung von Low-Budget-Alternativen zu den teureren Hotels oder Ferienwohnungen?

 

Die Hostel-Historie in Deutschland

Die Hostel-Idee entwickelte sich aus der Jugendherbergsbewegung heraus, die sich zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in Deutschland mit der Gründung der ersten, von Richard Schirrmann gegründeten Jugendherberge manifestierte. Als Lehrer, der regelmäßig Reisen und Ausflüge mit seinen Schülern organisierte, kam er auf die Idee, Gruppen von Schülern in die wegen Sommerferien geschlossenen Schulen aufzunehmen, nachdem er mit seiner Gruppe wegen eines plötzlichen Sturmes in einer Schule hatte Schutz suchen müssen – Eine Idee war geboren, die den Auftakt zu einer rasanten Entwicklung bildete. So existierten in den Vorkriegsjahren bereits mehr als 2000 Herbergswerke in Deutschland, die vorerst ausschließlich Kindern, Jugendlichen und ihren Lehrern während der Ferienzeit Unterkunft gewährten.

Mit der Gründung der „International Youth Hostel Federation“ erhielt die Bewegung internationale, bevölkerungspolitische Dimension und nach und nach wurde der Begriff „Jugendherberge“ im Sprachgebrauch durch den internationalen Terminus „Hostel“ ersetzt.

Triebfeder zur Gründung eines Hostel-Dachverbands 2002 waren Startschwierigkeiten, mit denen sich das Gewerbe anfänglich konfrontiert sah. Die Liste der Stolpersteine war lang:

  • Mangelnde Akzeptanz unter geldverleihenden Banken
  • Der Interessenkonflikt der Touristikbüros, der durch die für Hotelvermittlungen gezahlten Provisionsgelder entstand
  • Vermieter, die ein älteres, zahlungskräftigeres Klientel bevorzugten
  • Schwarze Schafe am Markt, die das gesamte Gewerbe in Misskredit zogen
  • Rechtsstreitigkeiten mit der anfänglich übermächtigen Konkurrenz der Jugendherbergsbetriebe

 

Gemeinsame Triebfeder, sich zu professionalisieren und organisieren war auch der gemeinsame Wunsch, der wachsenden Nachfrage nach individuellem, bezahlbarem Reisen wirksamer entgegenzutreten, sich besser untereinander zu verlinken und einen Erfahrungsaustausch zu fördern. Auch die Pressarbeit wurde gemeinschaftlich koordiniert.

Ein eigenes Zertifizierungslabel („German Independant Hostels“) mit standardisierten Qualitätskriterien wurde geschaffen, um einen hohen Hostel-Standard definieren und garantieren zu können. Ziel ist die Stärkung der Marke "unabhängiges Hostel", gerade auch im Kontrast zur Kettenhostellerie.

 

Hostel versus Jugendherberge

Verkehrschild

Landläufig werden beide Begriffe in einen Topf geworfen, streng genommen stecken diametrale formaljuristische und betriebswirtschaftliche Konzepte dahinter:

Während Hostels vom Finanzamt als privatwirtschaftliche Betriebe eingestuft werden und in vollem Umfang steuerpflichtig sind, unterliegen Jugendherbergen keiner Körperschafts- oder Gewerbesteuer, da ihr Auftrag vom Gesetzgeber als gemeinnützig interpretiert wird. Wie auf vereinsbesteuerung.info zu entnehmen, werden Jugendherbergen steuerlich als Zweckbetrieb behandelt und ihre Leistungen nach § 4 von einer Besteuerung ausgenommen.

Häufig werden die Einrichtungen von den Ländern bezuschusst und unterliegen einer eingeschränkten oder erlassenen Umsatzsteuerpflicht. Alle deutschen Jugendherbergen sind als obligatorisches Mitglied im Deutschen Jugendherbergswerk DJH zentralistisch organisiert und genießen als solche gegenüber den privatwirtschaftlich eigenständig arbeitenden Hostels nicht nur Steuerprivilegien, sondern auch Rechtsschutz. Im Gegensatz zu einem Hostel-Aufenthalt, der an keine formelle Bedingung geknüpft ist, verpflichtet ein Gelegenheitsaufenthalt oder eine Spontanübernachtung in einer Jugendherberge zu einer DJH-Mitgliedschaft, die beitragspflichtig ist.

Galt lange Zeit in Jugendherbergen eine altersmäßige Übernachtungsbeschränkung von allein reisenden Personen, so dürfen in Bayern beispielsweise auch ältere Alleinreisende ab 27 Jahren seit dem Jahr 2005 in Jugendherbergen übernachten - Priorität genießen hier allerdings nach wie vor Jugendliche sowie Jugend- und Schülergruppen.

 

Die Grenzen zum Hotel sind fließend

Neben einigen wenigen Hostel-Ketten von internationalem Maßstab sind die Mehrzahl an Anbietern im Hostel-Segment privatgeführte Einzelbetriebe, die verstärkt dazu übergehen, ihre Leistungen an Hotelmaßstäbe annähern, um erhöhten Kundenansprüchen gerecht werden zu können – Tendenz steigend.

Mittlerweile gibt es allein in München rund 20 Hostels mit einigen Standardausstattungsmerkmalen, die üblicherweise mit Hotels assoziiert werden:

 

Schlafsaal in einer Burg

  • Einzel- und Zweibettzimmer neben Familien- und Mehrbetteinheiten
  • Eigene Dusche und WC
  • Kostenfreie Parkplätze
  • Wohneinheiten mit eigenem TV und kostenlosem Internetzugang via WLAN Hotspot
  • Lobby mit 24h-Rezeption, Bar, Spielmöglichkeiten (z.B. Billard)
  • Eigener Waschsalon mit Waschmaschinen und Trockner
  • Schulungs- bzw. Konferenzräume
  • Zimmerzugang mit elektronischer Chip-Karte
  • Zimmersafe

 

Die im Vergleich zu Hotels wesentlich günstigeren Preise für die Übernachtung machen die Hostels nicht mehr nur klassischerweise bei Jugendlichen und Studenten beliebt, sondern ziehen vermehrt auch die Aufmerksamkeit von Familien, Paaren oder Senioren bei der Übernachtungswahl an. Immer mehr Menschen über 30 übernachten in Hostels und Budget-Hotels. Auch ist die Anonymität, der besonders Alleinreisende ausgesetzt sind, durch Gemeinschaftsräume und gemeinsame Küchenbenutzung geringer als in Hotels.

 

19. Februar 2016     >> Zurück zum Archiv

 

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