Brauchtum in Deutschland

 

Im Gegensatz zu archaischen Gesellschaften, in denen die genaue Einhaltung bestimmter Sitten und Bräuche zu festgelegten Terminen als unbedingt notwendig für das Wohl der jeweiligen Gemeinschaft war, haben wir es in Deutschland eher mit unverbindlichem Brauchtum zu tun. Denn wer glaubt denn noch, dass das Lärmen am Polterabend vor der Hochzeit böse Dämonen vertreiben soll? Und wer verbindet mit dem Verschenken oder Verzehren von Ostereiern noch den Gedanken an die Steigerung der Fruchtbarkeit von Tier und Mensch? Es liegt aber sicherlich nicht an der plötzlich erwachten Rationalität der deutschen Gesellschaft und ihrer Brauchtumspfleger, wenn zahlreiche, noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts lebendige Bräuche heute ausgestorben sind oder nur noch in spärlichen Relikten ein Schattendasein fristen.

 

Das gilt vor allem für Bräuche aus dem Arbeitsleben, die infolge von Industrialisierung und Demokratisierung bedeutungslos geworden sind. Die Feierlichkeiten, mit denen einst der Eintritt in die Berufsausbildung ebenso begangen wurde, wie das Freisprechen nach erfolgreicher Lehre oder die Aufnahme in die Zunftgemeinschaft nach Beendigung der Wanderzeit, ist heute eher nüchterner Routine gewichen, selbst in alten Handwerksberufen, die sich ins Industriezeitalter hinübergerettet hatten. In vielleicht noch stärkerem Maße verlorengegangen sind die bäuerlichen Bräuche, die sich einst um Aussaat und Ernte, Viehaustrieb und um ländliche Hauswirtschaft und Gemeindeleben rankten.

 

Zimmerleute bei der Arbeit

Zimmerleute bei der Arbeit – Pixabay - Public Domain Bilder / Creative Commons CC0 (CC0 1.0)

 

Neues Brauchtum

Innerhalb weniger Jahre hat sich Halloween, ürsprüglich aus Irland und den USA kommend, auch in Deutschland etabliert und lernt uns das Gruseln. Kinder ziehen verkleidet von Haus zu Haus und fordern mit dem Spruch "Süßes, sonst gibt's Saures" Geschenke. So hatte die US-amerikanische Kultur mit ihrem besonderen Sinn für Unabhängigkeit, Freiheit, Glück und Wohlstand schon immer Auswirkungen auf die europäische und auch deutsche Kultur. Und besonders nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die GIs unser Land und unsere "Fräuleins" in Besitz nahmen, haben diese viel von ihren Lebensgewohnheiten mit nach Deutschland gebracht. Der "American Way of Life" brachte aber auch viele technische Errungenschaften und Geräte nach Deutschland und Europa, die heute bei uns Standard sind. In der Musik bescherte uns die USA im Zuge der Rock- und Popkultur den Rockabilly-Sound und die ausgelassenen Tänze. Man denke nur an den Hype als der "King of Rock ’n’ Roll" Elvis Presley im Jahr 1958 als GI deutschen Boden betrat. Auch auf die Mode der Deutschen hatte der "Jailhouse Rock" Auswirkungen und man kleidete sich wie seine Vorbilder James Dean und Natalie Wood. Und mit ihrer Mode wehrten sich die jungen Frauen und Männer gegen die verstaubten Vorstellungen ihrer Eltern, Großeltern und Lehrer. Ebenfalls aus den USA stammend ist der Line Dance, eine Tanzform, bei der einzelne Tänzer in Reihen und Linien vor- und nebeneinander tanzen. Die Tänze sind passend zur Musik choreografiert, die meist aus den Kategorien Country und Pop stammen. Schließlich wurde der Line Dance von der US-Country-Musik aufgegriffen. Diese kombinierte ihn mit ihrer Musik und bestimmte damit dessen primäre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Das führte besonders der Zuordnung des Tanzes zur Kategorie Country- und Westerntanz. Für die Tänzerinnen und Tänzer ist natürlich das richtige Outfit besonders bei öffentlichen Auftritten und Tanzveranstaltungen ein Muss. So kann man ausgewählte Marken und Klassiker bei Ullbara und seine Westernstiefel in Köln und online kaufen.

 

Karneval und Schützenfest

Während Leonhardiritte und verwandte Bräuche wie Alpabtriebe und Viehscheiden eher regional zur Geltung kommen, gehören Karneval und Fastnacht zu den überall im Lande bekannten Volksfesten, aber besonders in den katholischen Gebieten in Süd- und Westdeutschland. Doch seitdem das Fernsehen die Rosenmontagsumzüge und Prunksitzungen aus den Karnevalshochburgen live überträgt, hat der Karneval sein archaisches Wesen, die dem Fest einst seinen eigentlichen Sinn gegeben hat, zum "sauberen" Karneval gewandelt, der niemandem weh tun und es jedem recht machen will. Wenn überhaupt, dann lässt sich das archaische Element, wenigstens noch andeutungsweise, in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht wiederfinden, die Dörfer und Kleinstädte zwischen Schwarzwald und Bodensee feiern. Was für den katholisch geprägten Süden und Westen Deutschlands die Fastnacht ist, das sind dem protestantischen Norden die vielen kleinstädtischen und dörflichen Schützenfeste, die von Mai bis in den Spätsommer hinein gefeiert werden.

 

Holzmasken bei der schwäbisch-alemannischen Fastnacht

Holzmasken bei der schwäbisch-alemannischen Fastnacht – Pixabay - Public Domain Bilder / Creative Commons CC0 (CC0 1.0)

 

29. Mai 2018     >> Zurück zum Archiv